Beschäftigt auf Hiddensee
Hauptmann saß an seinem Schreibtisch im viel zu großen Arbeitszimmer in Kloster. Seit zwei Stunden war ihm nichts mehr eingefallen. Erst drei Zeilen hatte er seit dem Frühstück geschrieben und schon wieder Appetit. Sein Blick fiel aus dem Fenster über den ordentlichen Rasen hin zum Weg Richtung Strand. Das wäre jetzt schön, dachte er, einfach ins Meer springen und die Gedanken durchspülen. Aber die Arbeitsethik forderte ihren Tribut. Bevor er wieder ausspannen konnte, musste eine Seite gefüllt sein. Wenigstens eine Seite pro Tag, das war eine von Hauptmanns Maximen.
Plötzlich kam der Hund ins Arbeitszimmer, obwohl er eigentlich wissen müsste, dass er hier nichts zu suchen hatte. Der junge Border Collie Edwin war seit ungefähr sieben Monaten im Haus und musste noch erzogen werden. Bislang hörte er selten und zudem schwer. Hauptmann war es bereits jetzt leid, diese Aufgabe übernehmen zu müssen. Aber es war nun mal sein Hund.
Als Edwin auch noch zu wimmern anfing, platzte Hauptmann der Kragen. Er schrie „Edwin, aus!“, das der Border Collie dummerweise als „Raus!“ missverstand. Dieses Kommando hatten Herrchen und Hund letzte Woche geübt. Edwin hatte sich dabei angewöhnt, sofort Richtung Strand zu laufen und von dort direkt weiter Richtung Vitte – bis man ihn wieder einfing. Das war bei einem jungen Hund wie Edwin gar nicht so einfach, erst recht für den alten Hauptmann. Der schaffte es nur mit Unterstützung. Als der Hund schon durch das Tor war, schrie Hauptmann „Margarete, wo ist das Fahrrad? Ich muss nach Vitte…!“
Bilder: Wikimedia Commons (Gerhart Hauptmann), pxhere.com (Border Collie).